Article: Für eine Ausweitung von UNIcert nach Asien?

Published in: Fremdsprachen und Hochschule (FuH)
77 (2006), 80-99.
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Für eine Ausweitung von UNIcert® nach Asien? - Eine Bestandsaufnahme.
Thomas Tinnefeld (Göttingen / Changhua (Taiwan))
0. Einleitung
Mehr als ein Jahrzehnt nach der Gründung des UNIcert®-Beirates und einer ersten, bereits erfolgten Internationalisierung des Konzeptes im europäischen Kontext stellt sich nunmehr die Frage einer Ausweitung von jenseits von Europa. Von allen möglichen Kontinenten erscheint Asien als der dafür geeignetste: Dort herrscht mehr als anderswo auf der Welt ein hochintensiver Drang nach Internationalisierung, die sich in erster Linie auf das Englische bezieht, aber auch Spanisch und Französisch umfasst. Zudem besteht in China – um das größte asiatische Land als Beispiel zu nehmen – ein erheblicher Bedarf nach fremdsprachlicher Ausbildung und Zertifizierung. Dieser wird – mit Blick auf das Englische – in erster Linie von dem Diagnosesystem TOEFL abgedeckt. Ein Diagnosesystem, das nicht auf Ausbildung fußt, ist jedoch für eine langfristige Internationalisierung eines Landes oder gar eines ganzen Kontinents nicht hinreichend. Nur eine Kombination von Ausbildung- und Prüfungssystem kann hier eine Lösung bieten (vgl. auch 2.4). Dies ist ein weiteres Argument für die Untersuchung der in diesem Artikel aufgeworfenen Frage.

1. Geschichtliche Aspekte – eine kurze Einordnung

Der UNIcert®-Beirat wurde innerhalb des Arbeitskreises für Sprachenzentren (AKS) im Jahre 1992 in folgerichtiger Entwicklung hinsichtlich der Notwendigkeit eines integrierten Ausbildungs- und Prüfungssystems für die Fremdsprachenausbildung an deutschen Hochschulen gegründet (vgl. UNIcert®-Homepage und Voss 1998: 4ff). Zum damaligen Zeitpunkt erkannte man den sich stellenden Bedarf nach Vereinheitlichung fremdsprachlichen Lernens an der Hochschule. Dieser war und ist untrennbar verbunden mit dem Bestreben, die fremdsprachlich orientierten Prüfungsprogramme in einen höheren, übereinzeluniversitären Zusammenhang zu stellen und sie somit besserer Anerkennung wie auch größerer Differenziertheit zuzuführen. An der Notwendigkeit dieses Ansatzes hat sich bis zum heutigen Tage nichts geändert – im Gegenteil: Sie ist so dringlich und aktuell wie nie zuvor.

Ging die Unicert®-Bewegung zunächst von einigen, im AKS besonders aktiven und hervorstechenden universitären Sprachenzentren aus, so verbreitete sich die Idee schnell in der ganzen Bundesrepublik. Diese rasche Ausbreitung in ganz Deutschland spricht für die hohe Qualilität des Konzeptes: Wäre an UNIcert® nicht „etwas dran“, hätte dieses Konzept sich nie so schnell verbreiten können. Diese Entwicklung ist als untrüglicher Reflex für dessen Leistungsfähigkeit anzusehen.

Doch UNIcert® machte nicht in Deutschland halt, blieb nicht nur auf Deutschland beschränkt. Universitäten und Sprachenzentren in mehreren europäischen Ländern schlossen sich an, wobei zugegebenermaßen noch viele weiße Flecke auf der europäischen Unicert-Landkarte zu finden sind: Dennoch ist der unaufhaltsame Erfolg des Konzeptes in Europa schon heute zu konstatieren.

Heute sind mehr als 50 Institutionen UNIcert®-akkreditiert. Mehr als 20.000 UNIcert®-Prüfungen in 19 Sprachen (vgl. UNIcert®-Newsletter 11/2005:1) sind bereits an Universitäten im In- und Auslang durchgeführt worden - Tendenz steigend. Zudem existiert - zusätzlich zur Hauptstelle in Dresden – eine Unicert-Zweigstelle in Bratislava, die als Standbein für Osteuropa fungiert – auch dies ein Indiz für den Erfolg von UNIcert®.

2. Gründe für eine Ausweitung

2.1 Internationale Ausrichtung

Wie bereits in Kap. 1 deutlich geworden ist, hat sich das UNIcert®-Konzept immer weiter in Europa ausgeweitet. Es hat somit seine Feuertaufe hinsichtlich einer ersten Internationalisierung bestanden: Es hat sich gezeigt, dass UNIcert® nicht nur für deutsche Verhältnisse geeignet, auf deutsche Verhältnisse anwendbar ist, sondern dass es umproblematisch den sich in andernen Ländern stellenden Anforderungen zu entsprechen in der Lage ist. Einer weitergehenden Internationalisierung steht prinzipiell somit nichts im Wege, zumal eine fortschreitende Europäisieurng des Konzeptes im Gange ist.

Auch nach reiflicher Überlegung ergibt sich prinzipiell kein Argument gegen eine Ausweitung von Unicert auch über die europäischen Grenzen hinaus. Grundlegend für die internationale Ausrichtung des UNIcert®-Konzeptes ist – neben seiner allgemein hohen Qualität – seine übereinzelsprachliche Orientierung. Diese soll im folgenden Abschnitt näher beleuchtet werden.

2.2 Übereinzelsprachliche Orientierung

Ein zentrales Charakterstitikum von UNIcert® gegenüber anderen Prüfungssystemen - wie TOEFL für Englisch, DELF/DALF für Französisch oder auch DELE für Spanisch - liegt darin, dass UNIcert® übereinzelsprachlich ausgerichtet ist. In dieser übereinzelsprachlichen Ausrichtung liegt ein erheblicher Vorteil dieses Konzeptes. Es ergibt sich daraus eine Einheitlichkeit, die kein anderes Prüfungssystem in vergleichbarer Weise zu bieten vermag. Diese bezieht sich zum einen auf die Einheitlichkeit des Ansatzes, zum anderen auf die Homogenität im Hinblick auf diejenigen Studierenden, die – in wachsender Zahl – mehrere UNIcert®-Abschlüsse erwerben und somit einheitliche, leichter vergleichbare Zeugnisse vorlegen können. Dieser Aspekt trägt maßgeblich zu der wachsenden Beliebtheit von UNIcert® bei.

Ein Prüfungssystem, das weitweit ausgerichtet und zudem auf meherer Sprachen bezogen ist, fehlt. Im Zuge einer weiteren Internationaliseirung könnte UNIcert® diese Lücke schließen.

2.3 Überzeugende Konzeption

Ein weiterer attraktiver Gesichtspunkt der für außereuropäische Länder zweifellos interessant ist, besteht in der überzeugenden Konzeption von UNIcert®: Die Kombination von Ausbildungs- und Prüfungssystem ist auf dieser Ebene nicht nur einzigartig, sie bietet Institutionen wie auch Studierenden auch enorme Vorteile: Die Notwendigkeit einer logischen Abstimmung der auf die Prüfungen vorbereitenden Kurse und den Prüfungen selbst führt nahezu zwangsläufig zu einer Stringenz des Aufbaus, die ihresgleichen sucht. Anforderungen an die Kurse und ihre Struktur zum einen und Prüfungsanforderungen zum anderen stehen in Harmonie zueinander und folgen logisch aufeinander. Diese gegenseitige Stützung ist von großer Bedeutung und macht Unicert gleichsam konkurrenzlos. Diese generelle Ausrichtung stellt ein weiteres, starkes Argument für eine weitere Ausdehnung von Unicert und seine potentielle Attraktivität im außereuropäischen Ausland dar.

Einen weiteren, in dieser Form überzeugenden Aspekt stellt die Berücksichtigung von Fachsprachen dar: Die mögliche Auffächerung in einzelne Fachsprachen nach der Mittelstufe II (UNIcert® II) oder – ein Einzelfällen – bereits nach der Mittelstufe I eröffnet den Studierenden ungeahnte Möglichkeiten. So können sie innerhalb einer gegebenen Sprache und auf derselben Stufe – UNIcert® III – durchaus mehrere Zertifikate erwerben: ein allgemeinsprachliches, ein wirtschaftssprachliches und ein juristisches, um nur eine mögliche Kombination zu nennen. Diese prinzipielle Möglichkeit des Erwerbs mehrerer Zertifikate nicht nur in verschiedenen Sprachen, sondern auch in unterschiedlichen fachsprachlichen Ausrichtungen repräsentiert ein erhebliches Motivationspotential für die Studierenden. Es gibt immer mehr Studierende, die zwei bis drei Zertifikate ablegen, um sich weiterzuqualifizieren. Es kann davon ausgegngen werden, dass dieser Motivationseffekt hinsichtlich einer aussagekräftigeren beruflichen Weiterqualifizierung auch auf Studierende außerhalb Europas wirkt. Dieser Gesichtspunkt stellt einen weiteren zentralen Vorteil für eine weitere Internationalisierung von UNIcert® dar.

Ein weiterer Vorteil ist die Stringenz des Ausbildungskonzeptes. Wenn auch hinsichtich der erarbeiteten Leistungsstufen noch nicht alle Unklarheiten beseitigt sind (vgl. Kap. 3.1), so kann doch behauptet werden, dass die globale qualitative Ausrichtung durchaus befriedigend ist. Die in diesem Zusammenhang bedeutsame, steile Progression spielt dabei eine wichtige Rolle: Mit Hilfe von UNIcert® ist es möglich, studienbegleitend auf unvergleichlich zeitsparende Weise Fremdsprachen zu erlernen. Die für die einzelnen Unicert®-Stufen anzusetzenden Stundenvolumina von 8 – 12 SWS – also etwa 100 bis 150 Unterrichtsstunden - (vgl. Eggensperger / Fischer (1998: 319) sind so gewählt, dass sie zum einen als ökonomisch und zum anderen als umsetzbar anzusehen sind. Mit geringeren Stundenvolumina wird realistischerweise kein durchschlagender sprachlicher Erfolg zu erzielen sein; höhere Stundenvolumina führen leicht zu ineffizienter Zeitnutzung.

Zu diesem quantitativen Aspekt tritt der qualitative Gesichtspunkt der Konzeption: Unicert ist vom ersten bis zum letzten Kurs logisch durchstrukturiert und bietet den Studierenden einen unmittelbaren Weg zum Erfolg. Zudem wird in allen und für alle Sprachen eine einheitliche Stoßrichtung vorgenommen. Diese gewährleistet nicht nur die zuvor beschriebene Einheitlichkeit im Ansatz (vgl. 2.2), sondern auch eine für die Studierenden äußerst hilfreiche Orientierung: Haben sie in einer gegebenen Sprache einen Unicert-Abschluss erworben, so sind sie mit dem System so vertraut, dass die Erlernung bzw. Perfektionierung einer anderen Sprache ihnen organisatorisch-strukturell keinerlei Probleme bereiten dürfte. Dieser qualitativ-konzeptionelle Vorteil hat unmttelbare positive Auswirkungen auf die Lernerfreundlichkeit des UNIcert®-Ansatzes.

Aus diesen Ausführungen wird deutlich, dass das Unicert®-Konzept auf Grund seiner großen konzeptionellen Überzeugungskraft für eine weitere Internationalisierung von großer Eignung ist: UNIcert® ist zu schade, um nur auf Europa begrenzt zu bleiben.

2.4 Forschungsaktivitäten

Über Unicert existieren bereits Publikationen, von denen im Folgenden einige exemplarisch genannt werden sollen.

Die zweifellos bislang wichtigste Publikation zu UNIcert® ist das „Handbuch UNIcert®“, das im Jahre 1998 von Karlheinz Eggensperger und Johann Fischer herausgegeben wurde. Es ist umfasssend, informativ und leserfreundlich gehalten, jedoch mittlerweise hoffnungslos veraltet. Es ist dringend notwendig, in absehbarer Zeit den Nachfolger – das „Handbuch UNIcert® II“ – herauszubringen, das auch bereits in Arbeit, jedoch noch nicht im Druck ist. Das zentrale Bestreben dieser Publikation muss es sein, die positiven Veränderungen und Fortschritte, die bisher erreicht worden sind, zu dokumentieren und festzuschreiben, damit sie die Basis für die weitere Entwicklung von Unicert® sein können.

Eines steht jedoch fest, auch wenn das zweite UNIcert®-Handbuch vorliegen wird: Es ist unbedingt geboten, ungleich mehr als bisher über UNIcert® zu forschen, und zwar nicht nur deskriptive Arbeiten zu erstellen, sondern vordringlich empirische Arbeiten. Es muss deutlich gemacht werden, dass und inwieweit UNIcert® gegenüber anderen Ausbildungsverfahren einerseits und gegenüber anderen Prüfungsverfahren andererseits empirisch nutzbare Vorteile aufweist. Ohne einen solchen, wissenschaftlichen Ansatz wird UNIcert® sich kaum weiter durchsetzen können. Es ergibt sich hier jedoch ein immenses Forschungsfeld, auf dem unzählige Doktor- und Magisterarbeiten geschrieben werden können. Diese Chance – auch für die Einwerbung von Forschungsgeldern – sollte unbedingt genutzt werden.

In der Monographie Prüfungsdidaktik (Tinnefeld 2002) existiert eine detaillierte Darstellung zu UNIcert®, die sich primär mit den Leistungsstufen (vgl. 3.1) und der Lösung der sich dort stellenden zentralen Problematik befasst. Hier werden klare Verbesserungsvorschläge aufgezeigt. Zudem existieren mehrere Artikel zu Unicert®-Klausuren, zum Lese- und Hörverstehen und dessen prüfungstechnicher Umsetzung an verschiedenen Universitäten (vgl. z.B. Tinnefeld 2001). Dort wird eine Bestandsaufnahme der zum Zeitpunkt ihrer jeweiligen Veröffentlichung bestehenden Sachlage vorgenommen.

3. Probleme hinsichtlich einer Ausweitung

3.1 Leistungsstufen

Ein Problem, das bei einer Ausweitung von UNIcert® dringend gelöst werden muss, liegt sicherlich in der bisher nicht befriedigenden Abgrenzung der verschiedenen Leistungsstufen, insbesondere der Stufen II und III. Beide Stufen lassen sich nicht eindeutig trennen. Während es unumstritten ist, die erste Stufe in einem gegebenen Ausbildungsprofil zu definieren, - eine Null-Stufe ist aus sich heraus definiert -, ist jegliche Abgrenzung zwischen einer gegebenen Minimal- und einer gegebenen Maximalstufe grundsätzlich problematisch.

Die im gegebenen Zusammenhang unbefriedigende Situation ergibt sich auf theoretischer und auf praltischer Ebene. Auf theoretischer Ebene ist nicht eindeutig abklärbar, ab welchem Punkt genau Stufe II endet und Stufe III beginnt. Sicherlich wird diese Abgrenzung immer eher auf Grund bestehender Fertigkeiten als auf Grund der Beherrschung gegebener Sprachstrukturen festzumachen sein, auch wenn letztere eine zuverlässigere Einschätzung ermöglichen würde. Dennoch würden auch hier verschiedene Experten unterschieldiche Einschätzungen abgeben. Mehr als eine auf dem Konsens einer gegebenen Mehrheit fußende Entscheidung – wie dies beispielsweise im UNIcert®-Beirat der Fall ist – kann daher kaum erwartet werden.

Auf praktischer Ebene ergibt sich das Problem, auf welche Weise den Studierenden welche Kenntnisse und Fertigkeiten zugeschrieben werden können. Die bisher vorliegenden Beschreibungen (vgl. Barth/Huschka 1998) sind mit Sicherheit unbefriedigend bzw. nicht mehr aktuell. Eine Lösung bietet sich nicht nur mit Hilfe der z.B. im Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen üblichen Can do-Statements, sondern auch auf der Basis der von uns vorgeschlagenen Wenn-dann-Beschreibungen (vgl. Tinnefeld 2002: 71ff). Jede dieser beiden Möglichkeiten bietet eine exaktere Einschätzung der Fertigkeiten von UNIcert®-Absolventen, als es die bestehenden, offiziellen Unicert-Beschreibungen zu leisten vermögen. In dieser Hinsicht wird in naher Zukunft ein Umdenken notwendig werden, will Unicert® für eine weitere Internationalisierung attraktiv bleiben.

Ein weiteres Problem besteht darin, dass die Leistungsstufe IV von sehr zweifelhaftem Charakter ist: In der Praxis wird sie von einigen akkreditierten Institutionen in Kursform angeboten und als Prüfung abgenommen, jedoch ist nicht mit Sicherheit auszuschließen, dass es sich dabei lediglich um eine verkappte Stufe III handelt.

Zur Erhöhung der Attraktivität von UNIcert® wird es daher notwendig sein, in naher Zukunft eine grundlegende Entscheidung zu treffen, und zwar

- entweder Stufe IV aufzuheben und Stufe III als die höchste zu erklären oder

- alle akkreditierten Institutionen dazu anzuhalten, dann, wenn sie Stufe IV anbieten, dies in deutlicher Steigerung zu Stufe III anzubieten und dies ohne jeglichen Zweifel in klarer Abgrenzung zu Stufe III zu tun.

Wird letztere Alternative gewählt, werden sich mit großer Wahrscheinlichkeit zwischen Stufe III und Stufe IV ähnliche Abgrenzeungsprobleme ergeben wie gegenwärtig zwischen den Stufe II und III. Eine solche Entwicklung ist unbedingt zu vermeiden, da sie gegen die Seriosität von UNIcert® sprechen würde.

Wird erstere Alternative gewählt, ist das Stufungssystem nicht so differenziert, wie es im Optimalfalle wünschenswert wäre. Dennoch wäre es mit nur einem grundsätzlich problematischen Übergang zwischen den Leistungsstufen sehr stringent und zuverlässig. Sollte der beschriebene, zweifelhafte Charakter der UNIcert®-Stufe IV also nicht sehr bald in befriedigender Weise behoben werden können, ist für eine Abschaffung der Stufe IV zu votieren, um auf diese Weise über ein verlässliches System nur dreier, aber dafür gut abgegrenzter Leistungsstufen zu verfügen. Im Hinblick auf diese Problematik kann weniger durchaus mehr sein.

3.2 Bekanntheitsgrad von UNIcert®

Nahezu 15 Jahre nach seiner Entstehung ist UNIcert® noch immer weniger bekannt, als es sein sollte. Informelle Befragungen ergeben zwar eine immer größer werdende Bekanntheit von UNIcert® – und einen immer besseren Informationsgrad – innerhalb des Hochschulbereiches. Es scheint so zu sein, dass Unicert® in diesem Kontext zwar noch nicht „in aller Munde“ ist, jedoch so im Bewusstsein beispielsweise der Studierenden verankert ist, dass dieser Zustand als mehr oder minder befriedigend bezeichnet werden kann.

Auf der Ebene des universitären Mittelbaus ist UNIcert® vorwiegend bei denjenigen Mitarbeitern bekannt, die in diesem Bereich arbeiten. Solche Kolleginnen und Kollegen, die nicht in UNIcert®-Kursen engagiert sind, wissen darüber zum Teil herzlich wenig. Ebenso verhält es sich mit der Gruppe der Professoren der Philologien, die über Unicert® partiel so gut wie nichts wissen. Ebenso verhält es sich wiederum mit vielen deutschen Universitätsleitungen, die immer wieder auf UNIcert® hingewiesen werden müssen, jedoch nicht nachhaltig Wissen darüber erwerben. Diese Darstellung entspringt ausdrücklich nicht einer systematischen Erhebung, sie dürfte jedoch ein mehr oder minder realistisches Bild der Informiertheit über Unicert liefern.

Berufsgruppen über die Universität hinaus, wie beispielsweise Personalchefs größerer und mittlerer Unternehmen, sind in der Regel über UNIcert® vollkommen uninformiert: Sie wissen mit dem Konzept nicht viel anzufangen und sind erst recht nicht informiert über die hohen, durch Unicert gewährleisteten Ausbildungs- und Prüfungsstandards.

Aus dieser Situation folgt, dass UNIcert® in möglichst kurzer Zeit so weit bekannt gemacht werden muss, dass die meisten professionell interessanten Adressatengruppen gut darüber informiert sind.

Es wird in Zukunft zum einen unbedingt notwendig sein, den Bekanntheitsgrad von UNIcert® systematischer als bisher zu erforschen. Wir müssen genauer als bisher wissen, wo UNIcert® bekannt ist und in welchen Bereichen mehr Anstrengungen von Nöten sind, um seinen Bekanntheitsgrad zu erhöhen.

Um UNIcert® noch bekannter zu machen, wird es nicht nur eine nöch größere Internet-Präsenz geben müssen, sondern es wird auch darum gehen, dass jedes Mitglied des Unicert®-Beirates eine noch ausgeprägtere „Feldarbeit“ leisten muss als bisher, um das UNIcert®-Konzept in seinem Berufsfeld ins Bewusstsein der Kollegen zu bringen und es darin zu halten. Es wird nötig sein, an jeder deutschen Universität – auch über die Universitäten der Beiratsmitglieder hinaus – UNIcert®-Repräsentanten zu gewinnen, die das Konzept marketinggerecht repräsentieren.

Diese Maßnahen sind von größter Bedeutung auch und vor allem für eine weitere Internationalisierung von UNIcert®. Aber auch umgekehrt gilt dieses Verhältnis: Wenn UNIcert® weiter internationalisiert wird, wird sich seine Bedeutung – und auch sein Bekanntheitsgrad – in Deutschland weiter erhöhen. Hierzulande werden bekanntlich ja oft diejenigen Strukturen höher bewertet, die aus dem Ausland kommen oder sich im Ausland bewährt haben. Ein größerer Bekanntheitsgrad von Unicert®, ein noch besseres Marketing in Deutschland wirkt unweigerlich auf dessen Internationalisierung zurück. Diese hat ihrerseits - ebenso unweigerlich – Auswirkungen auf einen größeren Bekanntheitsgrad und eine gesteigerte Bedeutung von UNIcert® in Deutschland. Dieser Doppeleffekt muss in nächster Zukunft unbedingt genutzt werden.

3.3 Entwicklungsprogression

Die bisherige Progression in der Entwicklung von UNIcert® hat zwar befriedigende Ergebnsise gezeitigt und zu einem Konzept und dessen praktischer Umsetzung geführt, das nur gelobt werden kann. Dennoch ist im gegebenen Zusammenhang kritisch anzumerken, dass manche Entwicklungen durchaus hätten rascher vonstatten gehen können. Wenn UNIcert® nicht bald noch effektiver und dynamischer arbeitet, dann ist das Konzept ernsthaft in Gefahr – eine Entwicklung, die unbedingt vermieden werden muss. Auch in diesem Zusammenhang kann eine Ausweitung von Unicert jedoch hilfreich sein: Wenn die Gelder, die die erfolgreiche Weiterarbeit unbedingt benötigt, nicht in hinreichendem Maße aus Deutschland kommen, dann mögen weitere ausländische Geldquellen willkommen sein und auf diese Weise das deutsche bzw. europäische UNIcert® stärken. So entstünde ein finanzieller, aber auch qualitativer - d.h. anregungsreicher – Synergie-Effekt, dessen Nicht-Nutzung geradezu sträflich wäre.

Die abschließend zu klärende Frage ist nun, warum Asien sich für eine weitere Internationalisierung von Unicert besonders eignet.

4. Warum Asien?

4.1 Gesellschaftliche Aspekte

Es ist eine allgemein anerkannte Tatsache, dass Asien den gegenwärtig wohl dynamischsten Kontinent der Welt darstellt. China ist gerade aus einem langen historischen Schlaf erwacht und öffnet sich mehr und mehr dem Kapitalismus. Das Land wird aller Voraussicht nach in den kommenden 50 Jahren zu den führenden Wirtschaftsmächten gehören. Wenn es auch bis dahin noch ein weiter Weg ist, haben die ersten Schritte in diese Richtung bereits stattgefunden. Die erfolgreiche Anwendung der deutschen Transrapid-Technologie ist ein Beispiel dafür. Die westlichen Industrienationen mögen China noch nicht richtig ernst nehmen, aber die ersten Anzeichen für eine unweigerliche wirtschaftliche Ausdehnung des Landes sind unübersehbar.

Mit Taiwan – der Republic of China – existiert zudem ein kleines, jedoch sehr wirtschaftsmöchtiges Land, das im asiatischen Kontext mehr als nur eine Nebenrolle spielt. An den dortigen Universitäten wird eine Bildungselite herangezüchtet, die in den kommenden Jahren und Jahrzehnten den Fortschritt des Landes - trotz gegenwärtiger wirtschaftlicher Stagnation - sichern wird. Die Menschen sind unternehmerisch gewandt, die Triebkraft, Geld zu verdienen, ist immens. Wie China fehlt Taiwan jedoch zur Zeit ein Element wirtschaftlichen Erfolgs ganz dringend: Internationalisierung.

Die Wirtschaftskraft Japans braucht im gegebenen Zusammenhand nicht erwähnt zu werden: Sie ist bekannt. Auch Japan verfügt über hervorragende Universitäten und ein ebenso einzustufendes Potential an Arbeitskräften. Jedoch ist auch die Internationalisierung Jpans noch lange nicht abgeschlossen.

Diese Beispiele mögen genügen um zu verdeutlichen, welch immenser Fremdsprachenbedarf gegenwärtig in Asien besteht und in Zukunft weiterhin bestehen wird.

4.2 Hoher Ausbildungsbedarf

Die genannten Beispiele belegen die gesellschaftliche Notwendigkeit, die für Asien besteht, sich dem Fremdssrachenmarkt (mehr als bisher) zu öffnen, und die es attraktiv für Unicert erscheinen lasst, sich dort zu engagieren.

Zu diesen strukturellen Gesichtspunkten kommt ein wesentlicher quantitativer Faktor, der der Vollständigkeit halber nicht unerwähnt bleiben soll: Mit China haben wir in Asien das bevölkerungsstärkste Land der Erde, das zudem in globaler Sicht auf internationaler Ebene weit hinterherhinkt. In dieser Situation muss schnell gehandelt werden: China wird sich in sehr kurzer Zeit sprachlich außerordentlich öffnen müssen, um die Wirtschaftsmacht zu werden, die es zu werden gedenkt. Es wird daher Ausbildungssysteme nachfragen und solche Systeme, die Prüfungen generieren können. Wenn chinesischen Universitäten ein kombiniertes Ausbildung- und Prüfungssystem angeboten wird, dann kann dies nur recht sein. Auch unter dem Blickwinkel des hohen Ausbildungsbedarfs des Landes wird UNIcert® also handeln müssen – und es wird schnell handeln müssen. Werden für Ausbildungen und Prüfungen zudem Gebühren erhoben, so besteht ein erhebliches finanzieles Potential für UNIcert®, das dazu beitragen kann, das Konzept eines Tages zu einer weltweiten Bewegung werden zu lassen.

4.3 Kompatible Studien– und Universitätssysteme

Zu den genannten Aspekten tritt ein weiterer, der in praktischer Perspektive sehr vorteilhaft ist. UNIcert® ist einerseits sehr flexibel hinsichtlich seiner Anwendung auf verschiedene Studien – und Universitätssysteme. Es kann entweder in diese integriert werden oder – wie es in Deutschland der Fall ist – in seiner Anwendung auf Sprachenzentren parallel zu einer bestehenenden Universitätsausbildung angewandt werden. Diese Flexibilität kommt dem Konzept bei seiner weiteren Internationalisierung zu Gute.

Zum anderen liegen in Aisen solche Studien– und Universitätssysteme vor, in die sich Unicert makrostrukturell unproblematisch integrieren lässt – Systeme, die dem britischen oder amerikanischen Modell nahe sind und für die Unicert geeignet ist.

Auch in universitatsstruktureller Hinsicht lässt sich somit keinerlei Gegenargument gegen eine Integration von UNIcert® in asiatische Hochschulen entwickeln: Es wäre – wenn die Notwendigkeit bestünde – „gleich morgen“ implementierbar.

4.4 Notwendige didaktische Modernisierung

Unicert kann gerade Asien einen sehr guten Dienst erweisen: Es kann dazu verhelfen, Asien und asiatische Ausbildungssysteme mikrostrukturell zu modernisieren: In didaktischer Hinsicht hat Asien z T. gegenüber der weltweiten Entwicklung erheblichen Nachholbedarf. Es herrschen starke Lehrerzentriertheit, partiell extreme Passivität der Studierenden im Unterricht, eine extreme Rezeptionshaltung der Lernenden sowie Unterrichtsmethoden, in denen Begriffe wie Handlungs- und Produktorientierung keinen Platz finden; die Grammatik-Übersetzungsmethode herrscht vor Der Unterricht entspricht nicht selten dem Fremdsprachenunterricht im Deutschland der 1960er und 1970er Jahre. Die Studierenden sind oft passiv und sehr zögerlich, wenn es darum geht, aktiv und produktiv am Unterrichtsgeschehen teilzunehmen. Sowohl an der Schule als auch an der Universität beschränkt sich die Tätigkeit der Studierenden darauf zuzuhören - wenn sie es denn tun. Es wird gar von Studierenden berichtet, die während des Unterrichts einschlafen – und von Dozenten, die zu stolz sind, diese dann aufzuwecken. Bis auf wenige begnadete Lehrer scheint die beschriebene Klassenraumsituation eine hohe Häufigkeit aufzuweisen.

Diese kurzen Ausführungen lassen bereits erahnen, dass die dringende Notwendigkeit besteht, den asiatischen Fremdsprachenunterricht zu modernisieren. Unicert® kann dafür wertvolle Dienste leisten: Das UNIcert®-Konzept verlangt dringlichst nach einer offenen, interaktiven, studierendenzentrierten und handlungs- (gegebenenfalls produkt-) orienterten Fremdsprachenvermittlung. UNIcert® kann auf diese Weise in Asien eine doppelte positive Wirkung haben:

- einerseits durch die Einbringung eines wohl durchdachten und produktiven Systems und
- andererseits durch die damit notwendig einhergehende didaktische Modernisierung der Unterichtsansätze.

Diese beiden Gesichtspunkte stellen aus asiatischer Sicht eine hohe Attraktivität dar.

5. Abschließende Bemerkungen

Aus unseren Ausführungen ist deutlich geworden, dass Unicert® für Asien mehr als geeignet ist. Asien ist diejenige Region der Welt, für die UNIcert® – abgesehen von Europa – zur Zeit am wertvollsten ist, für die UNIcert® sehr viel tun kann und derem Feedback qualitativ viel für UNIcert® bewirken kann. Auch quantitativ – im Hinblick auf die große Zahl potentieller Lerner und potentieller Unicert-Absolventen - ist Asien eine äußerst dankbare Region.

Dennoch müssen im gegebenen Rahmen drei wesentliche Gesichtspunkte im Auge behalten werden: Zum einen muss UNIcert® im Hinblick auf eine Erweiterung nach Asien schnell reagieren: Dort wird bereits der Gemeinsame Europäische Referenzrahmen zur Kenntnis genommen, der mit Fug und Recht als der ernstzunehmendste Konkurrent von UNIcert® betrachtet werden kann. Wird er in Asien vor Unicert® implementiert, dann hat UNIcert® eine wichtige Chance verpasst und wird auf Jahre und Jahrzehnte hinaus – vielleicht für immer – blockiert sein. Es gilt deshalb, so rasch wie möglich zu handeln.

Zum anderen ist es dringend erforderlich, UNIcert® noch viel mehr als bisher zu beforschen – nicht nur, um es noch besser zu machen, sondern auch, um seine Vorzüge gegenüber anderen, konkurrierenden Ausbildungssystemen und Prüfungsverfahren herauszustellen.

Schließlich ist im Blick zu behalten, dass eine Erweiterung von UNIcert® nach Asien – einem Gebiet der Welt, in dem ungleich mehr finanzielle Mittel verfügbar sind, als es zur Zeit in Europa der Fall ist – sowohl finanziell eine Art Bestandssicherung für Unicert sein kann und die UNIcert®-Bewegung durch neue Impulse auch qualitativ weiter nach vorn bringen kann. Eine Erweiterung von UNIcert® nach Asien birgt aus diesen Gründen ein enormes Potential, enorme Chancen bei vergleichsweise kleinem bis nicht vorhandenem Risiko. Diese Chance sollten wir uns auf keinen Fall entgehen lassen.

Bibliographie

Arbeitsstelle UNIcert® (Hrsg.) (2005): UNIcert®-Newsletter, Nr. 11. Dresden: Technische Universität.

Barth, T. & E./M. Huschka (1998): Beschreibung der Leistungsstufen. In Eggensperger / Fischer, 81 - 91.

Bausch, K-R. et al. (eds.) (2003a): Der Gemeinsame europäische Referenzrahmen für Sprachen in der Diskussion. Tübingen: Narr.

Eggensperger, K.-H. / Fischer, J. (1998): Handbuch UNIcert®, AKS-Verlag, Bochum.

Tinnefeld, T. (2001): Fachsprachliche Klausuren im UNIcert-Kontext – unter besonderer Berücksichtigung des Prüfungsteils „Leseverstehen“. In: Nübold, P. (Hrsg.): Fremdsprachen an Hochschulen: Was ist hochschulspezifische Fremdsprachenausbildung. Bochum, 279-290.

Tinnefeld, T. (2002): Prüfungsdidaktik - Zur Fundierung einer neuen wissenschaftlichen Disziplin - am Beispiel der modernen Fremdsprachen. Aachen: Shaker Verlag.

Voss, B. (1998): Dass UNICERT®-Konzept oder Auf dem Weg zu einheitlichen Prüfungsanforderungen im universitären Fremdsprachenunterricht. In: Eggensperger / Fischer, 3-19.

Voss, B. (o.J.): Artikel Unicert®® – Das sprachübergreifende Akkreditierungs- und Zertifikationssystem für Fremdsprachenausbildung im Hochschulbereich. In: http://rcswww.urz.tu-dresden.de/~unicert/beitraege/unicert.htm#bibliographie (Zugriff: 22.03.2006)